'novelle' und 'historia': Zum Problem der Echtzeit-Hermeneutik

Der Dreißigjährige Krieg wird uns bis in die Gegenwart in Gestalt geschlossener Narrative überliefert, in deren Zentrum Begriffe wie "Religionskrieg", "Unausweichlichkeit" und "Alternativlosigkeit" stehen. Die Konferenz „Der Dreißigjährige Krieg – Ereignis und Narration“ geht diesen Narrativen anhand historischer Quellen aus der Anfangszeit des Krieges nach und deckt die tatsächliche Pluralität der Erwartungen und Zukunftsentwürfe auf, die durch die zunächst offene historische Situation dieser Krisenzeit ermöglicht wurde. Im hier angezeigten Einführungsbeitrag zu dieser Konferenz wird die Problematik der Echtzeit-Hermeneutik behandelt, die gerade in  der geringen zeitliche Distanz zu den Ereignissen beschlossen liegt.  Die Formen, in denen das Ungeheuerliche dieser Kriegserfahrung  durch ein Lernen aus historischen Wiederholungsstrukturen in Ordnungen hineinerzählt wird, sind nicht nur erzähltheoretisch beschreibenswert. Sie öffnen auch den Blick auf verschüttete Optionen europäischer Geschichte.