Widerstreit von „gelehrter Bildung“ und Berufsbildung in Österreich

Unter Berücksichtigung der berufsbildendenhöheren Schulen zeigt sich in allen Hochschultypen in Österreich ein relevanter Anteil von Hochschulzugelassenen mit beruflicher Vorbildung. Andererseits aber auch, dass diese Vorbildung in aller Regel keine curriculare oder hochschuldidaktische Würdigung findet. Eine effektive Verbreiterung des Hochschulzugangs durch Doppelqualifizierungslösungen von beruflichem Abschluss und Hochschulzugangsberechtigung nach gymnasialem Modell werden damit ohne weitreichende Änderungen in den Hochschulen möglich. Diese Anpassungsleistungen beruflicher Bildungsgänge an gymnasiale Programmatik bestärken eher den Strukturkonservativismus im Hochschulsystem als dessen Dynamisierung. Der bildende Wert der beruflichen Bildungsgänge bleibt unberücksichtigt und ergänzungsbedürftig. Gesellschaftliche Kräfte- und Herrschaftsverhältnisse entlang strikt getrennter Sphären von gelehrter, höherer Bildung und beruflich strukturierter Arbeit bleibenaufrecht, obwohl die Biografien der Menschenzunehmend häufig von einem zweiphasigenModell – (Aus)Bildungsweg und Beschäftigung – abweichen. Dekonstruktionen von Schlüsselbegriffen wie „Reifeprüfung“, „höhere Bildung“ oder „Studierfähigkeit“ legen Tiefenstrukturender Differenzierung offen, die ihre Wirksamkeitin normativen, formalen Regelungen, individu-ellen Motivationslagen, aber auch kollektiverUmsetzung von Bildungspraxis entfalten.