Stammdaten

Titel: Von den Blumen des Bösen zu den Blusen des Böhmen oder: Musil und Bataille zwischen Abgrund und Ironie
Beschreibung:

Batailles Auffassungen über Die Literatur und das Böse zielen im Gefolge Nietzsches auf einen radikalen Wandel unseres Verständnisses von Gut und Böse einerseits im Blick auf deren Rolle in der bzw. die Rolle der Literatur andererseits.

Bataille zufolge fungiert die Literatur als jene Instanz, „die dem Menschen auf schmerzliche Weise seine grundsätzliche Insuffizienz aufzeigt“, eine Unzulänglichkeit der conditio humana, welche dem Bösen den unleugbaren Charakter einer gleichsam anthropologischen Krankheit verleiht. Sie ermöglicht dem Menschen eine Erfahrung seines Wesens, die er rein rational nicht als seine Wahrheit annehmen kann, von der aber indes zugleich weiß, dass sie ihn ausmacht: eine Erfahrung des Unmöglichen.

Von anderer, doch durchaus vergleichbarer Warte aus äußert sich Robert Musil zu diesem Sachverhalt, wenn er in einem Nachlasskapitel des Mann ohne Eigenschaften festhält: „[…] die Welt der Gesundheit ist aus den gleichen Kräften gemacht wie die der Krankheit, und bloß die Verhältnismaße sind andere“. Schon in seinem ersten im Druck erschienenen Essay Das Unanständige und Kranke in der Kunst hebt Musil vor dem zeithistorischen Hintergrund des Verbots von Flaubert in Berlin die gesellschafts- und kulturkritische Bedeutung der literarischen Darstellung des Bösen in dessen moralischer Abweichung von der Norm hervor: „[E]in Schriftsteller würde darauf beharren: auch eine Mutter, eine Schwester, bleibt nackt eine nackte Frau und wird es für das Bewußtsein vielleicht gerade erst unter Umständen, die dies am verwerflichsten erscheinen lassen […].“ Als ein solcher Schriftsteller, so Musil, werde er gegenüber der Zensur derartiger Themen und Inhalte „den Standpunkt vertreten, daß die Kunst das Unmoralische und Verwerflichste nicht nur darstellen, sondern auch lieben dürfe“. Dies wiederum darf und kann sie, insofern genau darin ihr poetologisches Prinzip wirkt, das Musil wie folgt umreißt: „Jede Perversität läßt sich darstellen. Sie läßt sich darstellen durch ihren Aufbau aus Normalem, da man die Darstellung sonst nicht verstünde. Beruht auf der Tätigkeit dieses Aufbaues die Entsinnlichung der Darstellung, so auf seiner Möglichkeit die Menschlichmachung des Vorbilds.“

Damit ist der theoretische Rahmen abgesteckt, vor dessen Hintergrund mein Vortrag ausgewählte Facetten solch literarischer ,Menschlichmachung‘ in der gesamten, oft durch Erotik und/oder Humor vermittelten Bandbreite zwischen Abgrund und Ironie – wofür in meinem Titel exemplarisch die einschlägigen Werke von Charles Baudelaire und Robert Gernhardt in ihrer durch letzteren her(aus)gestellten chiastischen Verschränkung stehen – sowohl vorstellen als auch (literatur-)geschichtlich perspektivieren möchte.

Schlagworte: Robert Musil, Georges Bataille, Abgrund, Ironie, Böses, Literatur, Philosophie
Typ: Vortrag auf Einladung
Homepage: https://www.uni-koblenz-landau.de/de/koblenz/fb2/inst-germanistik/aktuelles/Tagungsprogramm23-05-2022.pdf
Veranstaltung: Figurationen des Bösen (Universität Koblenz-Landau)
Datum: 02.06.2022
Vortragsstatus: stattgefunden (online)

Zuordnung

Organisation Adresse
Fakultät für Kultur- und Bildungswissenschaften
 
Robert Musil-Institut für Literaturforschung - Kärntner Literaturarchiv
Bahnhofstraße 50
9020 Klagenfurt am Wörthersee
Österreich
  -992902
   musil@aau.at
http://www.aau.at/musil/
zur Organisation
Bahnhofstraße 50
AT - 9020  Klagenfurt am Wörthersee

Kategorisierung

Sachgebiete
  • 603113 - Philosophie
  • 605001 - Geschichte der Geisteswissenschaften
  • 6020 - Sprach- und Literaturwissenschaften
Forschungscluster Kein Forschungscluster ausgewählt
Vortragsfokus
  • Science to Science (Qualitätsindikator: n.a.)
Klassifikationsraster der zugeordneten Organisationseinheiten:
TeilnehmerInnenkreis
  • Überwiegend international
Publiziert?
  • Nein
Keynote-Speaker
  • Nein
Arbeitsgruppen Keine Arbeitsgruppe ausgewählt

Kooperationen

Keine Partnerorganisation ausgewählt