Solidarität am Wörthersee. Praktiken und Gefühle des Verbunden-Seins

Sich verschärfende globale Ungleichheiten machen ein Solidaritätsverständnis notwendig, das über Ländergrenzen, soziale Grenzziehungen und Partikulargruppen hinausreicht und die Fähigkeit kultiviert, das Gemeinsame mit anderen über einen unmittelbar geteilten Lebenszusammenhang hinaus zu sehen (Rorty, 1989; Contipelli & Picciau, 2020). Der Vortrag widmet sich dieser Fähigkeit und fragt danach, wo solidarische Verbindungen entstehen, sichtbar und eingefordert werden (Stjepandić & Karakayali, 2018; Bauder, 2021). Er präsentiert Ergebnisse aus dem qualitativen Forschungsprojekt „Weltoffene Solidarität in der Stadt“, das sich mit solidarischen Allianzen im Alpen-Adria-Raum auseinandersetzt und Deutungen wie Praktiken der Solidarität erfasst und analysiert (Schmitt, 2022). Am Beispiel der „Wochenenden für Moria Kärnten/Koroška“ – einer sozialen Bewegung, die sich für die Aufnahme geflüchteter Menschen in Europa ausspricht und die herausfordernden Lebensumstände in Geflüchtetenlagern thematisiert – wird auf Basis von Interview- und Fotomaterial rekonstruiert, wie die Protagonist:innen Solidarität verstehen, eine kollektive Agency formieren und wie sie mit Urban Art eine Öffentlichkeit für ihre Anliegen translokal herstellen. Die Engagierten kritisieren die Platzierung und Abschottung von Menschen in Geflüchtetenlagern und -unterkünften und überdenken ausschließende hierarchische Ordnungen. Ihre künstlerischen Protestaktionen sind getragen von inklusiven Vorstellungen des Zusammenlebens und erschließen mit den kreativen Ausdrucksformen des Hip Hop und der Performance Art neue, solidarische Narrative (Gaztambide-Fernández, 2012, 56).

Die Performance- und Rap-Kunst ist von hohem emotionalem Gehalt, dem das Projektteam in sequenziellen Feinanalysen intensiv nachspürt. Der Vortrag reflektiert das verbindende Potenzial dieser Emotionen und weist zugleich auf Begrenzungen emotionaler Engagement-Räume (von Scheve, Ismer & Beyer 2015) und die Notwendigkeit grundlegender gesellschaftlicher Veränderungen (Lessenich, 2020; Kollender & Kourabas, 2020) im Umgang mit Fluchtmigration hin.