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Titel: Simulation und Reduktion von Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie. Gescheiterte Verständigung und Hilfs-Ich-Angebote aus Sicht des Pflegepersonals
Beschreibung:

Vortrag PD Dr. Stephan Debus

Psychiatrische Zwangsmaßnahmen (Fixierung, Zwangsmedikation, Isolation) beschränken die Freiheitsrechte, belasten alle Beteiligte und tragen zum negativen Bild der Psychiatrie in der Öffentlichkeit bei. In der medizinischen Literatur fehlen jedoch detaillierte Prozess- und Entscheidungsanalysen von Zwangsanwendung in der Psychiatrie.

In Filmdokumenten über psychiatrischen Zwangsbehandlungen (Zwangsmedikation, Zwangsfixierung und Zwangsisolation) finden sich alle Formen einer „gescheiterten Verständigung“. Die Filme entstanden im Forschungsprojekt „Simulation und Reduktion von Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie“ in Kooperation mit den Krankenpflegern aus akutpsychiatrischen und forensischen Stationen in drei psychiatrischen Kliniken. In mikrosozialen Sequenzanalysen werden die interaktionellen und kommunikativen Entscheidungsprozesse untersucht, die im Rahmen von Zwangsbehandlungen beobachtet werden können. Der Vortrag präsentiert Methoden (Psychodrama, Filmanalyse, Regelrekonstruktion) und wichtige Ergebnisse des Forschungsprojektes und diskutiert interdisziplinäre Anschlussstellen zwischen psychiatrischer und semiotischer Forschung. Die Analysen erlauben detaillierte Einsichten in schwierige und eskalierende Gewaltsituationen auf psychiatrischen Akutstationen, die häufig geprägt sind durch gegenseitiges Miss-Verstehen und Miss-Trauen. Im Vortrag werden einige typische Interaktionsmuster von Therapeuten und Patienten gezeigt.

Von dem in einer gewaltförmigen Interaktion verstrickten Patienten wird behauptet, er sei unfähig über dieVorgänge in seiner inneren und äußeren Welt zu kommunizieren, aber ein psychodramatisches Doppel könne dies (Jakob L. Moreno). Aber was gilt für ein Mitglied des Pflegepersonals, das ebenfalls in diese Situation verstrickt ist? Aus der Analyse der Entscheidungssituation von Zwangsbehandlungen lassen sich empirisch begründete Alternativszenarien ableiten, die das symbolische Handeln vorrangig vor physischen Zwang setzen (sog. Hilfs-Ich-Strategien). Auf der Basis psychodramatisch-orientierter Seminare der Team- und Organisationsentwicklung wird eine Theorie des Hilfs-Ichs aus Sicht des Pflegeperson als (sog. Ethnotheorie) reformuliert: Welche Formen des Hilfs-Ichs lassen sich unterscheiden? Welche Instrumente der Interaktionslenkung stehen den Pflegeteams zur Verfügung? Welche Formen des Hilfs-Ichs wirken deeskalierend, welche sind Risiko behaftet? Was wären die Erfolgsbedingungen auf Seiten des Patienten, der Mitarbeiter, des Teams? Welche therapeutischen Indikationen in einer kritischen Situation sprechen für welche Hilfs-Ich-Rolle? Durch welche kommunikativen Zeichen können die verschiedenen Hilfs-Ich-Rollen markiert werden?


Medizinische Hochschule Hannover

Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie

Hochschullehrer für psychiatrische Methodenlehre

Forschungsstelle Milieu und Methodik, OE 7110

Carl-Neuberg-Str.1

30625 Hannover

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Institut für Kultursemiotik

Pfingstanger 3

30974 Wennigsen

E-Mail:  debus.stephan@x-kultursemiotik.de

Web:     http://www.srzp.de

Schlagworte: Psychiatrische ZwangsmaßnahmenPsychodrama
Kurztitel:
Ort: AAU
Staat: Österreich
Zeitraum: am 15.03.2016
Veranstaltungsstatus:
Kontakt-Email: -
Homepage: -

VeranstalterInnen

Kategorisierung

Förderungstyp Sonstiger
Veranstaltungstyp
  • Interne Veranstaltung
Sachgebiete
  • 501019 - Psychotherapie
Forschungscluster
  • Public Health
TeilnehmerInnenkreis
  • Überwiegend national
Veranstaltungsfokus
  • Science to Science (Qualitätsindikator: III)
Klassifikationsraster der zugeordneten Organisationseinheiten:
  • Für die zugeordneten Organisationseinheiten sind keine Klassifikationsraster vorhanden
Arbeitsgruppen Keine Arbeitsgruppe ausgewählt

Finanzierung

Keine Förderprogramme vorhanden

Kooperationen

Keine Partnerorganisation ausgewählt

Vorträge der Veranstaltung

Keine verknüpften Vorträge vorhanden